Was wir wollen
Zentrales Anliegen der Plattform Zukunft Psychiatrie ist in einem ersten Schritt eine politisch getragene Auseinandersetzung über die Aufgaben und Ziele der psychosozialen Versorgung in unserer Stadt, und zwar unter umfassendem Mitwirken von Menschen mit psychischen Erkrankungen und allen relevanten Akteur*innen. Dazu bedarf es einer gleichberechtigten Gestaltung unter voller Transparenz der Entscheidungsprozesse. Im Rahmen des Psychiatrischen und Psychosomatischen Versorgungsplans Wien 2030 (PPV) wurden zwar bislang zahlreiche wichtige Anliegen erkannt und notwendige Veränderungen eingebracht und diskutiert.
Systemveränderungen und Zusammenarbeit sowie die Etablierung neuer Modelle können allerdings aus Sicht der Plattform Zukunft Psychiatrie nicht bis 2030 warten. Vielmehr besteht ein dringender Handlungsbedarf, der sich nicht zuletzt an die zuständigen Politiker*innen und sonstigen Entscheidungsträger*innen in dieser Stadt richtet. Wien läuft akut Gefahr, die positiven Ergebnisse der Psychiatriereform der 1980er und 1990er Jahre aufs Spiel zu setzen.
Es benötigt jetzt eine konkrete Förderung, Finanzierung und Anerkennung von Projekten zur integrierten Versorgung und die Umsetzung von alternativen Behandlungskonzepten, die Menschen mit psychischen Erkrankungen bedarfs- und bedürfnisorientiert nach dem Prinzip der aktiven Teilhabe begegnen. Dabei geht es nicht nur darum, die Meinung von Erfahrungsexpert*innen einzuholen, sondern es muss auch deren Mitbestimmung selbstverständlich werden. Auch im Rahmen der Novelle des Unterbringungsgesetzes (UbG-Novelle 2022, siehe unten) müssen dringend Pilotprojekte gestartet werden, um den in Zukunft gemeinsam zu formulierenden Behandlungsplan und das nachweisliche Bemühen um eine angemessene soziale und psychiatrische Betreuung rechtzeitig flächendeckend etablieren zu können.
Mittel- und langfristig bedarf es aus Sicht der Plattform Zukunft Psychiatrie einer Wiederbesinnung und Weiterentwicklung von sozialpsychiatrischen Werten und Grundhaltungen und einer Planung von Angeboten innerhalb und außerhalb der Psychiatrie, und zwar unter umfassender Einbindung von Menschen mit psychischen Erkrankungen, wie sie nicht zuletzt in der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) verpflichtend vorgesehen ist. Es müssen Möglichkeiten geschaffen werden, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen selbst als steuernde Akteur*innen ihrer Behandlung auftreten. Die gesellschaftspolitische Botschaft der Psychiatrieenquete der 1980er Jahre muss dringend erneuert und aktualisiert werden.